Seit etwa drei Monaten ist die sogenannte starke Kundenauthentifizierung verbindlich – so wurde es in der Ende 2015 erlassenen „Payment Service Directive 2“ (PSD2) festgelegt. Das Bezahlen im Internet soll dadurch sicherer werden. Aber was bedeutet das für mich als Händler?
Viele
Banken haben ihre Systeme mittlerweile an die neuen Regeln der Zweiten
Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) angepasst. Doch auch das Ein- und
Verkaufen wird komplizierter, denn die EU-Richtlinie betrifft ebenso die
Zahlungsabwicklung im stationären wie im Online-Handel. Die starke
Kundenauthentifizierung (Strong Customer Authentication, SCA) ist ein
Teil davon.
Starke Kundenauthentifizierung – Was bedeutet das?
Jeder, der eine elektronische Zahlung auslösen will, muss diese nun mit mindestens zwei der folgenden drei Faktoren bestätigen:
Wissen (z. B. PIN oder Passwort)
Besitz (z. B. ein bestimmtes Smartphone, App oder Karte)
Inhärenz (z. B. der Fingerabdruck oder die Stimme des Nutzers)
Dadurch
soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Benutzer tatsächlich
um den Berechtigten handelt. Ob stationär am Point of Sale oder online
bezahlt werden soll, ist dabei unerheblich. Was entscheidend ist, ist
die Tatsache, dass es sich um eine elektronische Zahlung innerhalb der
Europäischen Union handelt. Bisher war es ausreichend, wenn man die
Daten der Kreditkarte eingegeben hat, wenn man damit in einem
Online-Shop bezahlen wollte. Seit 14. September sieht, zumindest laut
Gesetz, die Situation anders aus.
Wann ist die starke Kundenauthentifizierung verpflichtend?
Die
starke Kundenauthentifizierung ist grundsätzlich für jede elektronische
Zahlung obligatorisch, unter bestimmten Voraussetzungen sind aber
Ausnahmen möglich. Zwar entscheidet darüber der kontoführende
Zahlungsdienstleister, dennoch ist es wichtig, dass ein Händler die
Ausnahmen kennt, etwa um den Kunden zu informieren. Das ist aktuell oft
nicht der Fall. Weil auch die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) noch Nachholbedarf bei den
Zahlungsempfängern sieht, wurde die Frist für Kartenzahlungen im
Internet auf 31. Dezember 2020 verlängert.
Welche Ausnahmen gibt es?
Whitelisting (vertrauenswürdige Empfänger)
Kunden
können Händler auf eine sogenannte Whitelist, also eine Positivliste
von vertrauenswürdigen Zahlungsempfängern, setzen. Damit sind die diese
Händler von der SCA ausgenommen – sofern der Kartenherausgeber keine
Notwendigkeit wegen besonderer Risikofaktoren sieht.
Transaktionen mit kleinen Beträgen
Wenn
der Einzelbetrag der Online-Zahlung unter 30 Euro bleibt, kann auf die
starke Kundenauthentifizierung verzichtet werden. Bei stationären
kontaktlosen Kartenzahlungen liegt die Grenze bei 50 Euro. Allerdings
fallen hier auch die Anzahl der Transaktionen und der kumulierte
Einkaufswert ins Gewicht, so dass ab einer bestimmten Summe (online ab
100 Euro seit der letzten SCA, stationär kontaktlos ab 150 Euro) erneut
eine Zwei-Faktor-Authentifizierung gefordert wird.
Wiederkehrende Zahlungen
Wiederkehrende
Zahlungen wie etwa Daueraufträge erfordern nur beim Erstellen, Ändern
und erstmaligem Auslösen eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Bei allen
weiteren Transaktionen entfällt sie.
Transaktionsrisikoanalyse
Für
jede Zahlung (Überweisungen, Kartenzahlungen) wird untersucht, ob ein
Betrugsrisiko vorliegt. Ist das Risiko gering und überschreitet der
Zahlungsdienstleister eine bestimmte Betrugsrate nicht (abhängig von
Betrag und Zahlungsverfahren), kann der Zahlungsdienstleister auf eine
SCA bei Zahlungen bis maximal 500 Euro verzichten.
Was müssen Händler jetzt also tun?
Machen
Sie sich mit den neuen gesetzlichen Vorgaben vertraut und kontaktieren
Sie dafür auch Ihren Payment Service Provider und/oder die Anbieter
Ihrer Zahlungsverfahren. Oftmals können diese Ihnen geeignetes
Infomaterial zur Verfügung stellen.
Prüfen Sie,
zusammen mit Ihren Zahlungsdienstleistern, welche technischen
Anpassungen gegebenenfalls nötig sind. Falls Sie nur Lastschrift,
Rechnung, Vorkasse und Nachnahme anbieten, sind Sie nicht betroffen und
es gibt keinen Handlungsbedarf.
Wenn Ihre Kunden
bei Ihnen mit Kreditkarte zahlen können, müssen diese Zahlungen mit dem
Sicherheitsprotokoll 3-D-Secure abgesichert werden – zumindest
spätestens ab dem 31. Dezember 2020.
Sobald Sie
dann einen Schritt weiter sind und erste Anpassungen erfolgt sind, geht
es in die Testphase. Prüfen Sie alle geänderten Funktionen ausgiebig.
Außerdem sollten Sie Ihre Kunden darüber informieren, was neu ist und –
unter Umständen – eine Anleitung für die neuen Bezahlprozesse
bereitstellen. Auch der Kundensupport sollte die neuen Prozesse kennen,
um bei etwaigen Anfragen adäquat reagieren zu können.
Zu guter Letzt schauen Sie sich Ihre AGB und Datenschutzerklärung an. Möglicherweise sind Anpassungen auch hier notwendig.
Die
starke Kundenauthentifizierung bedeutet einige Veränderungen in der
Welt des Zahlungsverkehrs, nicht nur im Online-Handel. Wichtig ist, dass
man sich als Händler intensiv mit der Thematik beschäftigt, um den
Kunden so ein angenehmes Einkaufserlebnis garantieren zu können.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Handel.