In jedem Bereich gibt es Vordenker und Visionäre und einer, für den das im Bereich Forderungsmanagement gilt, ist Christoph Ruoff. Seit der Gründung der atriga GmbH im Jahr 2003 entwickelt Ruoff innovative strategische Ansätze, um Forderungsmanagement-Prozesse branchenübergreifend zu transformieren. Er ist an zahlreichen Studien zur Konsumenten- und Schuldnerpsychologie beteiligt und prägt die neue Welt des Forderungsmanagements mit aktuellen Erkenntnissen aus den Bereichen neuronale Netze, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Wir haben ihn zu aktuellen Entwicklungen gefragt.
ibi research: Im Bereich des Forderungsmanagements ist Künstliche Intelligenz (KI) besonders geeignet, um Anfragen in der Inbound-Kommunikation automatisch zu bearbeiten. Sie kann eigenständige Anfragen wie Ratenzahlungswünsche, Zahlungspausen oder Streitfälle kategorisieren sowie passende Antworten auswählen und versenden. Können Sie noch andere Beispiele nennen?
Christoph Ruoff: Für viele bedeutet KI im Forderungsmanagement Kategorisierung von Anfragen und/oder Automatisierung bei Auswahl und Versand bereits vorbereiteter Antworten. Doch das greift zu kurz. Denn wer sich schon länger mit Prozessoptimierung beschäftigt, der weiß, dass optimierte Algorithmen nicht nur im Bereich der Kategorisierung und Zuordnung schon seit langem hervorragende Ergebnisse liefern. Eine KI auf dem aktuellen Stand der Technik erreicht im Benchmark noch keine ähnliche Ergebnisqualität. Gerade im Forderungsmanagement, wo wir ja eine Vielzahl unterschiedlicher Themenfelder beim Inbound bearbeiten können müssen, scheinen Machine Learning (ML) Anwendungen noch nicht so weit entwickelbar zu sein, um die hochentwickelten Algorithmen ablösen zu können, was unsere aktuellen Benchmarks belegen.
Abhängig vom Umfang bei Auswahl und Versand von verfügbaren Antworten – wir sprechen im Forderungsmanagement von einer Vielzahl unterschiedlichster Antwortoptionen – ist ein Einsatz von KI/ML sinnvoll. Aber auch hier haben wir bereits vor vielen Jahren interaktive Prozesse entwickelt, die durch gesteuerte Interaktion in der Kundenkommunikation sehr ansprechende Ergebnisse erzielen.
Generative KI zu verwenden, ist meiner Meinung nach derzeit die höchste Stufe in der Kundenkommunikation. Der Kunde erwartet im Bereich von Chat- oder Voicebots eine Kommunikation, die einem menschlichen Austausch entspricht. Hier erfolgt eine Echtzeitkommunikation, und die generative KI bearbeitet Vorgänge fallabschließend, anstatt vorbereitete Antworten auszuwählen und zu versenden. Dies bedeutet praktisch, dass Freitext-Gespräche oder -Chats beliebiger Länge geführt werden. Fragen erhalten sofortige Antworten, und Ratenzahlungsvereinbarungen sowie Änderungen des Zahlungsziels werden direkt vom Bot mit dem Kunden besprochen und umgesetzt. Danach werden Dokumente versendet, die erforderlichen Einträge und Buchungen im System vorgenommen usw. All das geschieht, ohne dass der Mensch hier eingreifen muss. Tag und Nacht, an jedem Tag des Kalenderjahres und in unterschiedlichen Sprachen. Und das ist keine Fiktion, sondern Technologie, die wir bereits seit einiger Zeit entwickeln und einsetzen. Wir waren hier sicher weltweit eines der ersten Unternehmen im Forderungsmanagement, das diesen Schritt gegangen ist.
ibi research: atriga setzt im Forderungsmanagement auf multilinguale Kommunikation für alle, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Wie lässt sich KI hier trainieren? Neben den Fachbegriffen sind hier doch sicherlich auch unterschiedliche Ansprachen und nationale Befindlichkeiten zu berücksichtigen?
Christoph Ruoff: Eine einfache Übersetzung reicht oft nicht aus, da kulturelle Unterschiede eine entscheidende Rolle spielen können: In manchen Ländern oder Kulturkreisen wird die direkte Kommunikation geschätzt, andere finden eine höflichere indirekte Ansprache als angemessen.
atriga setzt deswegen auf eine dynamische Kommunikation, die das bisherige Interaktionsverhalten auswertet und darauf basierend neben der Sprache auch Tonalität und Ansprechpartner anpasst, was sich dann auch auf die jeweils verwendete Stimme des atriga GenAI Voicebots auswirkt. Auch der bevorzugte Kommunikationskanal wird berücksichtigt. Denn während einige Kunden eher auf digitale Nachrichten reagieren, bevorzugen andere den klassischen Brief. Allerdings ist hier ein sehr nachhaltiger Trend hin zu digitalen Kommunikationskanälen erkennbar.
Beim Einsatz von atrigaGenAI reagiert das LLM auf die Befindlichkeiten des Kommunikationspartners und achtet darauf, dass das inhaltliche Umfeld - nämlich alle Themen rund um das Forderungsmanagement - nicht verlassen wird.
ibi research: atriga bietet White Label Services bzw. SaaS an. Wer nutzt dies, für welche Art von Kunden ist dies geeignet?
Christoph Ruoff: Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Legacy-Systeme zu modernisieren, haben aber nicht die Ressourcen oder die Zeit für aufwendige Eigenentwicklungen. Laut einer McKinsey-Studie fließen in großen Unternehmen bis zu 70 Prozent der IT-Budgets in den Betrieb bestehender Systeme – also kaum Spielraum für Innovation.
Hier kommen atriga White Label Services, Software-as-a-Service (SaaS) und Business Process Outsourcing (BPO) ins Spiel. White Label Services erlauben es Unternehmen, modernste Technologie unter ihrer eigenen Marke zu nutzen, ohne umfangreiche Entwicklungsressourcen aufbauen zu müssen. SaaS bietet eine kosteneffiziente Alternative zur eigenen IT-Infrastruktur, da Unternehmen nur für die tatsächliche Nutzung zahlen. Beim BPO wiederum können Unternehmen nicht-strategische Prozesse auslagern und sich gezielt auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
Wir realisieren solche Projekte schon seit deutlich mehr als zehn Jahren für die unterschiedlichsten Branchen. So haben wir zum Beispiel im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs oder für große Abosystem-Betreiber gemeinsam mit unseren Kunden sehr individuelle BPO-Lösungen realisiert.
Aktuell kommen verstärkt auch Nachfragen von Banken, Versicherungen und Energieversorgern, die oft mit veralteten Systemen arbeiten. Aufgrund der Flexibilität und dem modularen Aufbau unserer Plattform machen wir die erheblichen Vorteile – geringere Kosten und verbesserter Service – für alle Branchen nutzbar, die sich mit dem Thema Forderungsmanagement beschäftigen.
ibi research: Was unterscheidet atriga von Konkurrenten wie Pair Finance, collect.ai etc.?
Christoph Ruoff: Zuerst einmal sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es auch durchaus Übereinstimmungen gibt. So waren wir eines der ersten Unternehmen im Forderungsmanagement, das bereits vor über 20 Jahren mit dem klaren Ziel „Service statt Mahnen“ eine völlig neue Strategie im kundenzentrierten Mahnprozess eingeschlagen hat. Dass diese Herangehensweise richtig ist, zeigen die besseren Zahlungsquoten und Benchmark-Ergebnisse. Natürlich freut man sich dann, wenn später neu hinzukommende Marktbegleiter einen ähnlichen Weg einschlagen wollen.
Ein Unterschied liegt sicher in der Herangehensweise und im deutlich größeren Erfahrungsschatz bei der IT-Entwicklung. Hierdurch ist es uns möglich, immer wieder neu zu evaluieren, wo aktuell noch optimierte Algorithmen dem Einsatz von KI/ML überlegen sind. Und dort, wo wir sehen, dass KI strategische Vorteile bringt, wie jetzt bei der generativen KI, können wir sehr schnell reagieren und Lösungen mit einem ganzheitlichen Ansatz, eingebunden in unsere IT-Plattform, realisieren.
Um hier die nötige Kontinuität zu gewährleisten, ist es natürlich von Vorteil, wenn man nicht den Zielen von Investoren gehorchen muss, sondern das optimale Ergebnis für den Kunden im Vordergrund steht. Und, noch ein letzter Unterschied sei genannt: atriga verfügt über ein deutlich umfassenderes Leistungsangebot als die meisten Marktbegleiter.
ibi research: Beim CIBI Innovationstag am 26. März 2025 in München ist atriga mit einem Ausstellungsstand vertreten. Was erwarten Sie sich davon?
Christoph Ruoff: Der CIBI Innovationstag bietet uns eine einzigartige Plattform, um mit Experten über die neuen atrigaGenAI Anwendungen zu sprechen. Unser Ziel ist es, aufzuzeigen, dass atrigaGenAI im Forderungsmanagement ein echter Gamechanger ist. Eine Lösung, die hilft, Kosten zu reduzieren und darüber hinaus einen 24/7-Kundenservice ermöglicht, bei einer Annahmequote von 100 Prozent im Inbound. Darüber hinaus freuen uns natürlich auch auf spannende Gespräche mit Branchenexperten und den Austausch darüber, was die Finanzwelt bewegt.
Herr Ruoff, herzlichen Dank für das Interview! Wer atriga und seine Lösungen gerne live erleben möchte, kann dies auf dem CIBI Innovationstag tun! Unter www.cibi.de finden Sie das Programm sowie die Anmeldung zum CIBI Innovationstag am 26. März in München.