Trotz der zunehmenden Bedeutung des
Online-Handles ist das stationäre Ladengeschäft nach wie vor der wichtigste
Vertriebskanal des deutschen Einzelhandels: 49 Prozent der befragten Händler
verkaufen ihre Produkte ausschließlich stationär. 37 Prozent sind sowohl
stationär als auch online unterwegs und 14 Prozent sind als reine Online-Händler
aktiv.
Vor allem mittlere und große Händler nutzen
digitale Anwendungen
Dabei zeigen sich bei Anwendung und Know-how
deutliche Unterschiede zwischen kleinen und großen Händlern. So stufen beispielsweise
kleine Handelsunternehmen ihr Wissen in Bezug auf die Digitalisierung
schlechter ein als größere Unternehmen.
Das spiegelt sich auch in der
Technologienutzung wider, weiß Dr. Georg Wittmann, Geschäftsführer bei ibi
research und verantwortlich für die Studie: „Auffällig ist, dass es viele kleine
Händler sind, die auf digitale Lösungen verzichten. Bei großen und mittleren
Händlern sind digitale Helfer fester Bestandteil im Front- und Back-Office.“ In
Sachen Kundenkommunikation gehören die eigene Website, der Facebook-Auftritt
oder der Google-My-Business-Eintrag für viele Einzelhändler zum Standard.
Allerdings: Je größer der Betrieb, desto mehr digitale Anwendungen werden genutzt.
Das gilt auch für Anwendungen hinter den Kulissen, wie Warenwirtschaftssysteme oder
Personalverwaltung.
Einfluss durch globale Marktplätze und zunehmende Regulierung
Die Digitalisierung
bleibt – gerade in der Corona-Zeit – einer der wichtigsten Treiber im Einzelhandel.
Für die befragten Händler zeigt sich dies vor allem im Entstehen neuer
Geschäftsmodelle. „Die Studie zeigt, dass der stationäre deutsche Einzelhandel
sein klassisches Geschäftsmodell weiterentwickelt und die begonnene Digitalisierungsstrategie
mit Hochdruck fortsetzen sollte. Die Corona-Krise hat den E-Commerce gestärkt“,
so Dr. Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen
Industrie und Handelskammertags (DIHK).
Aber gerade für kleine Händler ist die praktische
Umsetzung nicht immer einfach. Häufig fehlen Zeit und Geld für den Wandel. Außerdem
sind rechtliche Unsicherheiten wie Datenschutz oder Informationspflichten ein
großes Hindernis. Auch in weiteren anstehenden Regulierungen sowie der Marktposition
globaler Marktplätze sehen zwei Drittel der befragten Händler einen negativen
Einfluss auf ihr Unternehmen.
„Beim Start in den Online-Handel unterstützen die Industrie- und Handelskammern die Betriebe mit vielen Angeboten. Aber das allein reicht nicht. Es geht um Breitbandanbindung, aber auch um gesetzliche Regelungen. So sollte z. B. das geplante pauschale Verbot von Retourenvernichtungen, vermieden werden”, so Nothnagel weiter.
Hohe Bedeutung von Produktdatenmanagement
und IT-Sicherheit
Wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen
Digitalisierung sind gute Produktdaten. Das Management der Daten ist überaus
arbeitsaufwändig und zeitintensiv. Trotzdem sind lediglich zwei Drittel der
Unternehmen mit der Qualität ihrer Produktdaten zufrieden. Die Studie belegt
auch die hohe Bedeutung der IT-Sicherheit für deutsche Handelsunternehmen. Allerdings
haben nur 28 Prozent der kleinen Unternehmen bislang eine systematische
IT-Sicherheitsanalyse durchgeführt. „In beiden Bereichen herrscht hoher
Nachholbedarf. Die Anforderungen an die IT-Sicherheit sowie das
Produktdatenmanagement werden immer höher, je mehr sich unsere Gesellschaft
digitalisiert“, so Wittmann.
Bezahlbare
Unterstützung notwendig
Das Fazit der Forscher lautet: Der Handel sollte
sich der Digitalisierung stellen und deren Chancen offensiv nutzen. „Der Handel
muss jetzt handeln. Nie wieder wird die Digitalisierung so langsam sein wie
heute. Das Aufzeigen von Handlungsoptionen und Hilfe bei der konkreten
Umsetzung sollten erste Ansatzpunkte sein. Gerade kleine Händler benötigen
angesichts fehlender Ressourcen – bezahlbare – fachliche Unterstützung und
externes Know-how“, so Dr. Georg Wittmann. Hier können die bestehenden Förderprogramme
für den Mittelstand helfen. Die IHKs stehen bundesweit mit Beratung und
Informationen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Die vollständige Studie „Der deutsche
Einzelhandel 2020 – zweite IHK-ibi-Handelsstudie“ steht kostenfrei zum Download
zur Verfügung unter: www.ibi.de/handelsstudie2020