„Die generellen Informations- und Abschlussprozesse der Versicherungskunden sind heute oftmals stark durch das Internet geprägt. Das gilt auch für die Entscheidungsfindung beim Versicherungskauf“, so Holger Seidenschwarz, einer der Autoren der Studie. 27 Prozent der über 2.000 befragten Versicherungsentscheider wollen möglichst alle Versicherungen online abschließen, 35 Prozent zumindest manche. Nur noch 38 Prozent schließen lieber persönlich oder telefonisch ab. Blickt man auf die genutzten Versicherungsprodukte, wird heute bereits etwa jede dritte Versicherung online abgeschlossen. Bei Kfz-Versicherungen ist es fast schon jede zweite, bei Reiserücktrittsversicherungen sogar zwei von drei.
Rund neun von zehn Versicherungen werden aktuell per Lastschrift oder per Überweisung bezahlt. Doch Alternativen sind gewünscht: 9 Prozent der Befragten würde gerne Karten zur Bezahlung nutzen, 14 Prozent typische Online-Verfahren. Bei den typischen Online-Verfahren dominiert PayPal (63 Prozent) – wenn man das Bezahlverhalten der Befragten im Online-Einzelhandel heranzieht –, auch die Sofortüberweisung wird oft genutzt (23 Prozent). Verfahren wie Amazon Pay, giropay oder paydirekt werden dagegen weniger häufig genutzt.
Bei der Betrachtung von demographischen Faktoren und Einstellungen der befragten Versicherungsentscheider stellt sich die Online-Affinität als bedeutendster Einflussfaktor heraus. Je online-affiner der Befragte, desto häufiger wird der Wunsch nach PayPal & Co. geäußert. „In diesem Kontext sollten Versicherungsunternehmen sich mittelfristig überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, einige der Online-Bezahlverfahren für ausgewählte Produkte anzubieten. Dabei sollten die Versicherer neben der Erhöhung der Conversion Rate durch die neuen Bezahlverfahren auch die Kosten – direkt und indirekt – sowie die Risiken dieser Verfahren mit in ihre Überlegungen einbeziehen“, so Dr. Georg Wittmann von ibi research.
Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist insbesondere auch deswegen relevant, da jüngere Kunden der Lastschrift tendenziell den Rücken kehren. Die Altersauswertung zeigt, dass bei den Befragten von 18-25 Jahren rund 10 Prozentpunkte weniger Rechnung bzw. Lastschrift wünschen als der Durchschnitt, dies gilt auch unabhängig von den Zahlungsrhythmen. Wenn man das Verhältnis von 1:2,5 für Rechnungs- und Lastschriftzahlungen unterstellt, bedeutet das, dass lediglich zwischen 45 und knapp 60 Prozent der unter 25-Jährigen noch Lastschrift bevorzugen. Ein ähnliches Bild zeigt sich übrigens auch beim Exkasso: Nur noch 67 Prozent der 18-25-Jährigen setzen hier auf die Überweisung auf das eigene Bankkonto. Versicherungen sollten diese Veränderungen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Auch wenn die Verschiebungen aktuell wenig Auswirkung auf die Kostensituation der Versicherungen haben, können sie zukünftig zu deutlich höheren Abwicklungskosten führen. Werden Teile der aktuell hocheffizienten und meist sehr kostengünstigen Lastschrift- und Rechnungsprozesse durch die in der Regel mit höheren Kosten verbundenen Online-Bezahlverfahren ersetzt, kann dies zu deutlichen Kostensteigerungen und Prozessveränderungen führen.
Einen Teil der Kosten könnten Versicherer aber auch weitergeben: 22 Prozent der Befragten gaben nämlich an, bei einem "etwas teureren" Versicherer abzuschließen, wenn sie dort mit ihrem bevorzugten Verfahren zahlen könnten. Bei den online-affinen Kunden waren es sogar 27 Prozent, bei den offline-affinen Kunden dagegen nur 10 Prozent.
Das Fazit: Bei Versicherungen haben die aus dem E-Commerce bekannten Zahlungsverfahren noch nicht die Relevanz wie im Online-Handel. In den nächsten drei bis fünf Jahren sollte es hier auch nicht zu großen Veränderungen kommen. Mittelfristig müssen Versicherer jedoch die Zahlungsgewohnheiten ihrer Kunden im Auge behalten, um den Online-Absatz ihrer Versicherungsprodukte sowie die Kosten der Bezahlverfahren nicht zu gefährden.
Die Studie „Bezahlverhalten von Versicherungskunden – heute und morgen“steht hier zum Download bereit.