Einer unserer Unterstützer des ibi-Payment-Reports ist die DZ BANK. Wir haben Andrea Meier, Abteilungsleiterin bei der DZ BANK, zu Regulatorik, Wero, Echtzeitzahlungen und dem Digitalen Euro befragt.
Was sind für Sie die generellen Erkenntnisse des ibi-Payment-Reports 2024 und welche Ergebnisse haben Sie am meisten überrascht?
Der ibi-Payment-Report hat in vielen Fällen unsere Annahmen zu den Trends im Zahlungsverkehr bestätigt. Wir haben festgestellt, dass Banken vielfach mit regulatorischen Anforderungen, insbesondere mit der Instant Payment Verordnung und den Auswirkungen des Digitalen Euros beschäftigt sind. Auch setzt sich der Trend fort, dass Zahlungsverkehrsthemen zunehmend internationaler gedacht werden.
Die Ergebnisse der Expertenbefragung haben eine gewisse Zurückhaltung bei der Beurteilung der Erfolgschancen neuer Angebote gezeigt. Hier können und sollten wir als Branche mehr Mut beweisen und unsere eigene Leistungsfähigkeit durchaus selbstbewusst nach außen tragen. Fakt ist aber auch, dass wir branchenweite Kooperationen benötigen, um in Europa ein schlagkräftiges Gegengewicht zu den internationalen Anbietern zu schaffen.
Im Zahlungsverkehr müssen in den nächsten Jahren mehrere neue Anforderungen umgesetzt werden. Welchen Eindruck haben Sie von den Einschätzungen der Experten zum Thema Regulatorik?
Uns hat die Experteneinschätzung nicht überrascht. Die Vielzahl der aktuell umzusetzenden regulatorischen Anforderungen beschäftigt derzeit alle Banken. Angesichts der hohen Dynamik der Regulatorik wird es für die Banken immer schwieriger, auf Basis der neuen Möglichkeiten ihre Marktangebote weiterzuentwickeln. Die bisherigen Maßnahmen sollten erst einmal ihre Wirkung entfalten können. Der Regulator sollte zukünftige Anforderungen mit mehr Augenmaß auf den Weg bringen und mehr Zeit bei der Umsetzung einräumen.
Deutlich wird aber auch, dass Regulatorik überwiegend als Bedrohung mit einhergehenden Risiken gesehen wird. Hier sollten wir viel stärker in eine Chancenbetrachtung gehen, zum Beispiel bei der FiDA (Financial Data Access). Warum nutzen wir die regulatorischen Möglichkeiten, die sich bieten, als Banken nicht selbst viel stärker?
Fast 40 Prozent der deutschen Verbraucher nutzen bereits eine Mobile-Payment-Lösung. Hat Wero überhaupt eine Chance, sich durchzusetzen?
Wir sehen durchaus das Potenzial, dass sich Wero auf dem Markt durchsetzt! Denn die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass lediglich 24 Prozent der Endkunden regelmäßig vor Ort mobil bezahlen. Das deutet darauf hin, dass noch immer viel Marktpotenzial für neue Lösungen vorhanden ist.
Wero bringt den entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Anbietern mit, dass innerhalb von wenigen Sekunden Geld von Konto zu Konto gesendet werden kann. Das Konto ist und bleibt für die meisten Menschen der wichtigste Bezugspunkt in Geldangelegenheiten. Bei Wero ist dieses ohne zusätzliche Intermediäre, die zwischen seinem Konto und seiner Bank stehen, verknüpft. Auf diese Weise kann Wero das Vertrauen und den Komfort der Endkunden erhöhen.
Wie interpretieren Sie die Ergebnisse zur Nutzung von Echtzeitzahlung durch Endkunden?
Die Ergebnisse zeigen, dass aktuell nur ein geringer Anteil der Endkunden einen direkten Bedarf für Echtzeitzahlungen sieht. Sie interessieren sich weniger für die Abwicklung im Hintergrund, sondern vielmehr für den praktischen Nutzen und die Bedienerfreundlichkeit. Wir müssen deshalb den Kunden konkrete Anwendungsfälle im Alltag liefern, damit Echtzeitzahlungen genutzt werden. Lösungen wie Wero und Request-to-Pay können dabei durchaus dazu beitragen, Echtzeitzahlungen im Markt zu etablieren.
Bei den Firmenkunden sieht das Bild etwas anders aus: Hier wird durchaus ein konkreter Nutzen für Echtzeitzahlungen gesehen. Gleichzeitig sind wir gefragt, für Echtzeitzahlungen Services aufzubauen, mit denen wir unsere Kunden ideal unterstützen, z. B. im Liquiditätsmanagement. Mit auf Echtzeitzahlungen basierenden Lösungen wie Request-to-Pay können wir einen großen Mehrwert bieten, z. B. bei der Automatisierung von Prozessen.
Mit dem Digitalen Euro steht eine weitere einschneidende Veränderung im europäischen Zahlungsverkehr bevor. Die Studienergebnisse zeigen eine durchaus kritische Haltung. Wie bewerten Sie diese?
Die Überlegungen der Europäischen Zentralbank zur Einführung eines Digitalen Euros werden breit diskutiert, wie auch die Studienergebnisse zeigen. Die Nutzungsbereitschaft ist laut Studienergebnissen beispielsweise (noch) verhalten; die Erwartungshaltung an Sicherheit, Datenschutz und Komfort ist sehr hoch.
Wichtig ist aber auch, dass mit dem Digitalen Euro die Souveränität des europäischen Zahlungsverkehrs gestärkt werden soll. Hierfür bedarf es aus unserer Sicht einer konsequenteren Ausrichtung an Nutzerbedürfnissen und die Berücksichtigung von vorhandenen Lösungen statt dem Aufbau einer parallelen Infrastruktur. Mit einer Ausgestaltung des Digitalen Euros als Bezahlverfahren werden unseres Erachtens privatwirtschaftliche Lösungen in Europa geschwächt. Ein Digitaler Euro, der als Zahlungsmittel in privatwirtschaftliche Lösungen integriert werden kann, nutzt die Stärken im europäischen Zahlungsverkehrsmarkt hingegen bestmöglich.
Welche zentralen Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Ergebnissen des ibi-Payment-Reports 2024 für die Entwicklungen des Zahlungsverkehrs in den nächsten Jahren?
Aus den Ergebnissen des ibi-Payment-Reports 2024 wird deutlich, dass Kundenanforderungen sich mit technologischen Innovationen kontinuierlich weiterentwickeln Wir müssen diese abdecken, wenn wir mit unseren Lösungen weiter eine Rolle spielen wollen. Hierfür bedarf es aber Freiraum, entsprechende Lösungen auch umsetzen und weiterentwickeln zu können. Dieser Freiraum wird aktuell nicht gesehen, wenn man sich die Expertenbefragung anschaut. Sowohl die zunehmende Regulierungsdichte als auch der kritische Diskurs über den Digitalen Euro nehmen derzeit viel Raum ein.
Für uns gilt es daher einmal mehr, unser Know-how und unsere Innovationskraft im Zahlungsverkehr zu nutzen, um unser Portfolio im aktuellen Umfeld zielgerichtet weiterzuentwickeln und aus der Regulatorik auch Chancen zu realisieren.