Einer unserer Unterstützer des ibi-Payment-Reports ist die PPI AG. Wir haben Monika Moser-Bärlehner, Senior Managerin bei PPI zu Kryptotoken, digitale Wallets, Wero sowie zur Instant Payments Regulation (IPR) befragt.
Was sind für Sie die generellen Erkenntnisse des ibi-Payment-Reports 2024 und welche Ergebnisse haben Sie am meisten überrascht?
Am meisten überrascht hat mich, wie stark sich die Gen Y von allen anderen unterscheidet. Im Alltag hören wir ganz oft von der Gen Z, die besonders werteorientiert unterwegs sei und mit klaren Forderungen auf ihre Arbeitgeber zugeht.
Beim Geld ist die Gen Z dagegen fast schon langweilig. Hier gehört die Gen Y zu den Exoten. Sie zahlt selbst bei geringen Beträgen weniger gern bar als alle anderen Altersklassen. Sie bevorzugen die Karte und zahlen bar meist dann, wenn sie keine andere Chance haben.
Aus dieser Kohorte scheinen die Digital Natives zu stammen. Auch wenn es um komplexe Finanzierungen geht, sagt jeder Zweite aus der Gen Y, das gehe auch über Videocalls oder andere digitale Angebote – auf eine Filiale verzichten die zwischen 1980 und 1994 Geborenen nur zu gern.
Ich finde das spannend, weil die nachfolgende, also die jüngere Generation wieder analoger und auch beim Geld konservativer wird.
Ein großes Digitalthema sind Kryptotoken und digitale Wallets. Wie bewerten Sie die Studienergebnisse in diesem Bereich?
Von Bitcoin und Co. hat inzwischen fast jeder gehört, auch wenn sich die meisten damit nicht aktiv beschäftigen.
Interessant finde ich aber, dass sich jeder Dritte eine staatliche Wallet wünscht, um beispielsweise Papierdokumente und Plastikkarten zu Hause lassen zu können. Das schließt auch Ausweisdokumente wie den Personalausweis oder den Reisepass ein. Hier kann so etwas wie eine elektronische Identität entstehen, wie sie mit der EU Digital Identity Wallet ja bereits vorgedacht wird.
Ich halte es für bemerkenswert, dass Verbraucher sich heute schon offen für solche Lösungen zeigen, weil gerade die Deutschen häufig als digitale Muffel gelten. Wichtig wäre, dass solche Initiativen sich nicht gegenseitig kannibalisieren. EU Digital Identity Wallet, Wero, Digitaler Euro etc. wenn das alles in verschiedenen Apps läuft, könnte es zu viel werden.
Was die Kryptotoken selbst angeht, waren die Ergebnisse für mich weitgehend erwartbar.
Gilt das auch für die Ergebnisse zum Digitalen Euro?
Beim Digitalen Euro handelt es sich im Vergleich zu einem Kryptotoken um eine hoheitliche Währung. Sie basiert nicht, wie der Bitcoin auf mathematischen Verfahren, sondern stellt ein digitales Äquivalent zu Bargeld dar.
Etwas bedauerlich finde ich, dass die Banken ziemlich skeptisch sind, was den Digitalen Euro angeht. 77 Prozent sagen, dass digitales Geld gar nicht benötigt wird, weil es schon ausreichend Möglichkeiten zum Bezahlen gibt. Drei Viertel sehen vor diesem Hintergrund vor allem die Kosten, aber kaum einen Nutzen. 44 Prozent gehen sogar davon aus, dass ihnen der Digitale Euro gar nichts bringt.
Glücklicherweise lässt sich noch beeinflussen, wie genau der Digitale Euro ausgestaltet werden soll. Gut zwei Drittel schlagen etwa vor, die Anforderungen aus der Geschäftswelt besser zu berücksichtigen. Das erscheint mir auch sinnvoll.
Ich hätte mir mehr Zuversicht gewünscht, weil ich den Digitalen Euro für eine gute Sache halte.
Das zweite große Wallet-Thema heißt „Wero“. Die Studienergebnisse fallen ähnlich vorsichtig aus wie beim Digitalen Euro. Was heißt das?
Wero tritt, wie der Digitale Euro, gegen etwas an, das es schon gibt – ausreichend Bezahl-Apps. Wir sehen jedoch sehr viel Potenzial bei der EU-Wallet Wero, weil sie sich als Abwicklungsplattform für den Digitalen Euro anbietet und verbunden mit Request-to-Pay auch als Safe für wichtige Dokumente.
Dass praktisch jeder zehnte Verbraucher noch nie von Wero gehört hat, überrascht mich dagegen nicht. Die European Payments Initiative hat sich bewusst für einen leisen Marktstart entschieden. Bald sollen aber auch die ersten Werbemaßnahmen starten.
Widersprüchlich erscheint mir aber, dass vier von fünf Banken sagen, dass geopolitische Konflikte und Risiken in den kommenden fünf bis sechs Jahren den Zahlungsverkehr stark oder sehr stark beeinflussen werden. Trotzdem bleibt die Begeisterung beim Digitalen Euro und auch bei Wero überschaubar, obwohl das doch die Initiativen sind, mit denen sich Europa unabhängiger von diesen Risiken machen kann.
Kommen wir zum dritten großen Digitalisierungsprojekt: Der Instant Payments Regulation (IPR). Was sagen Sie dazu?
Ich bin Fan von Instant Payments.
Die Implementation Workshops der EU und die Klarstellungen, wie die IPR ausgelegt werden soll, dürften die Projektpläne der Banken noch mal etwas aufwirbeln. Deshalb bin ich vorsichtig, was die sehr guten Quoten bei der Umsetzung angeht.
Gut finde ich, dass sieben von zehn Banken Instant Payments bereits anbieten, auch wenn demnächst keine zusätzlichen Gebühren verlangt werden dürfen. Folglich bewerten 51 Prozent der Banken die IPR vor allem als reinen Kostenfaktor, 28 Prozent stimmen dem sogar voll und ganz zu. Und das, obwohl sich mit Instant Payments sehr viel machen ließe, um vor allem Firmenkunden stärker zu binden.
Völlig unverständlich finde ich, dass bislang bloß 45 Prozent planen, Request-to-Pay für Firmenkunden anzubieten. Dabei sehen 72 Prozent hier signifikante Geschäftschancen. Selbst die Verbraucher schauen in diesem Punkt auf ihre Bank – hier muss sich noch etwas ändern.
Welche zentralen Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Ergebnissen des ibi-Payment-Reports 2024 für die Entwicklungen des Zahlungsverkehrs in den nächsten Jahren?
Allein der Umfang dieser Studie zeigt, dass im Zahlungsverkehr bald die nächste Epoche anbricht.
Die letzten Jahre waren vor allem durch technische Anpassungen und Harmonisierungen geprägt, wie ISO 20022. Jetzt geht es raus aus dem Maschinenraum und hin zum Kunden. Mit dem Digitalen Euro, Wero, Instant Payments und Request-to-Pay kommen Angebote, die wirklich neu sind und den Zahlungsverkehr sichtbar zum Besseren verändern.
Viele Banken sehen dabei vor allem den Aufwand, nicht aber, wie sich damit Geld verdienen lassen soll. Ich glaube dennoch fest daran, dass wenn wir einen Schritt zurückgehen und auf das große Ganze schau-en, auch die Banken bald Vergnügen an der neuen Zahlungsverkehrswelt finden.
Aus Unternehmens- und Verbrauchersicht dürfen wir uns freuen auf das, was auf uns zukommt. Dafür müssen alle Marktakteure an einem Strang ziehen. Ich wünsche mir, dass das auch gelingt.