Händler, aber auch Finanzdienstleister, sind mit einer immer größer
werdenden Anzahl von Daten und Informationen konfrontiert. Was Data Analytics
bedeutet, welche Relevanz es in der heutigen Zeit hat und welche Trends damit
einhergehen, erläutert Michael Marheineke von der SHI GmbH.
ibi research: Herr Marheineke, bitte stellen Sie sich und Ihr
Unternehmen kurz vor.
Michael Marheineke: Seit über 40 Jahren engagiere ich mich für
Unternehmen, die ihr Business mit Hilfe von IT ausbauen möchten und damit ihr
Wachstum sicherstellen. Bei der SHI GmbH bin ich seit mehr als einem Jahrzehnt
für Beratung und Business Development verantwortlich.
Die SHI ist darauf spezialisiert,
mit Such-Technologien und Advanced Analytics Zusammenhänge zwischen Daten
aufzuspüren. Mit den daraus gewonnen Erkenntnissen steigern Online-Händler,
Finanzdienstleister und viele andere Unternehmen ihren geschäftlichen Erfolg.
Könnten Sie einmal kurz beschreiben, was Data Analytics für Sie
bedeutet und können Sie dies mit einem konkreten Beispiel untermauern?
Es gibt drei Fragen, die jedes
Unternehmen immer wieder beantworten muss: Was ist passiert? Was wird
passieren? Und was sollen wir tun?
Antworten darauf liefern die Daten
der Unternehmen, indem diese mit geeigneten Methoden korreliert und analysiert
werden. Am besten ist es, wenn dafür die Daten aus allen relevanten Abteilungen
genutzt werden. Wir nennen das dann Advanced Analytics. Es geht aber nicht nur um
die Unternehmensdaten, sondern auch darum, die Ideen von Mitarbeitern
einzubeziehen, die ein Unternehmen erfolgreicher machen.
Ein Beispiel: die Margenkiller
eines Online-Shops ermitteln. Die Quellen für die Datenanalyse liegen bei den
Verantwortlichen für Preisbildung, Retouren, Kundenservice, Marketing, Social
Media, Zahlungsverkehr und vielen anderen. Von allen Bereichen müssen alle
Datenquellen eingesammelt werden, beispielsweise auch Clickstreams und Log-Daten.
Am Ende stellt man dann vielleicht überraschend fest, dass nicht mangelhafte
Ware, sondern eine zu lange Lieferzeit die meisten Retouren verursacht und die
Marge schrumpfen lässt.
Wie überzeugen Sie Ihre Kunden, dass Data Analytics in der heutigen
Zeit relevant ist?
Wir müssen niemanden überzeugen,
da niemand die Relevanz in Frage stellt. Allen ist im Grunde klar: Kein
menschlicher Kopf ist in der Lage, die Zusammenhänge zwischen den vorhandenen
Daten aufzuspüren. Wir müssen aber dazu motivieren, sich auch auf Methoden der
Künstlichen Intelligenz (KI) einzulassen.
Kunden können im Online-Shop nur
kaufen, was sie finden oder was ihnen empfohlen wird. Das ist der Knackpunkt,
an dem kein Händler vorbeikommt. Ein Werkzeug, das ihm dabei hilft, ist KI – da
er damit die Intention von Suchanfragen erkennt und umfassende Einblicke in das
Nutzungsverhalten aller Kunden erhält. So kann er beispielweise passende
Produkte an den richtigen Stellen platzieren und einem Kunden empfehlen.
Was sind im Bereich Data Analytics die neuesten Trends und welche
Bedeutung werden sie zukünftig haben bzw. wie schwierig ist es, die Nadel im
„Daten-Heuhaufen“ zu finden?
Stellen wir uns zwei beruflich
erfolgreiche Frauen vor, beide etwas älter als 65 Jahre und in der DDR aufgewachsen.
Wenn die beiden einen Online-Shop besuchen, sollte der Händler ihnen trotzdem
nicht unbedingt dieselben Artikel empfehlen: Es könnten Angela Merkel und Nina
Hagen sein. Daher ist der Trend hin zu immer genauerer Personalisierung so
wichtig. Da es die Methoden der KI ermöglichen, Muster immer besser zu
erkennen, können Shops den Erwartungen einzelner Kunden auch besser gerecht
werden.
Ein weiterer Trend mit Potenzial
sind Chatbots. Sie entlasten den Kundenservice und bieten zugleich den Kunden
viele Vorteile. Doch diese akzeptieren einen Chatbot nur dann, wenn er ihre
Fragen auch tatsächlich versteht und sie kompetent beantwortet. Mit den
verschiedenen Methoden der KI ist aktuell bereits viel möglich und ich bin mir
sicher, dass Chatbots in nächster Zeit noch viel klüger werden.
Gab es in bisherigen Data-Analytics-Projekten einen besonderen Moment,
an den Sie sich noch heute gerne erinnern?
Da komme ich nochmals auf das
Beispiel mit den Margenkillern zurück. Das Ergebnis einer Analyse war kaum zu
glauben: Der Artikel, der am zweithäufigsten gekauft wurde, hatte zugleich die höchste
Gewährleistungsquote und das höchste Werbebudget. Er hat also nur Arbeit
gemacht, ohne Mehrwert zu schaffen.
Was würden Sie anderen Unternehmen, die sich ebenfalls mit der Analyse
großer Datenmengen beschäftigen möchten, mit auf den Weg geben?
Sie sollen endlich anfangen. Alle
haben mittlerweile doch schon alles zum Thema gesagt. Wir sollten nicht mehr
reden, sondern machen.
Herr Marheineke, vielen Dank für Ihre praktischen Ausführungen!